Gelenke und Endoprothetik / im Interview

Therapieoptionen bei Bandscheibenvorfall
im Interview mit: Dr. med. Ramin Farhoumand

Herr Dr. Farhoumand, Sie decken an der LILIUM Privatklinik das gesamte Spektrum der Wirbelsäulenchirurgie ab, darunter auch Bandscheibenerkrankungen. Wann sollte man Schmerzen an der Wirbelsäule abklären lassen?
Immer wenn Schmerzen ausstrahlen und sich Funktionseinschränkungen beziehungsweise Lähmungserscheinungen einstellen, sollte man das genauer diagnostizieren lassen. Dazu gehört als Erstes eine gründliche klinische Untersuchung, bei der man sich die Patientinnen und Patienten individuell genau anschaut. Das wird leider immer weniger gemacht. Weiteren Aufschluss geben dann statische und funktionelle Röntgenaufnahmen, ein MRT sowie Ultraschall und Muskeltests.

Sollte ein Bandscheibenvorfall immer gleich operiert werden?
Keineswegs. In vielen Fällen hilft eine konservative Behandlung, zu der unter anderem Krankengymnastik gehört. Sehr wirksam kann auch die sogenannte Periradikuläre Schmerztherapie (PRT) sein. Dabei wird ein schmerzstillendes, abschwellendes und entzündungshemmendes Medikament um den Nerv herum unter Röntgenkontrolle injiziert. Bei unstillbaren Schmerzen und schweren Lähmungserscheinungen wird man jedoch nicht um einen Eingriff herumkommen. Hier geht es vor allem darum, die Nerven schnellstmöglich von Druck zu befreien.

Welche operativen Möglichkeiten gibt es?
Grundsätzlich gibt es die drei Möglichkeiten: die reine Dekompression, die Kombination mit Versteifung oder der Einsatz einer Prothese. An erster Stelle steht immer die Dekompression, also die Entlastung der betroffenen Nervenbahnen, minimalinvasiv und schonend. Bei starken Beschwerden kann die Versteifung notwendig sein. Allerdings setzt sich dann die Degeneration an den benachbarten Wirbelsäulenabschnitten fort. Wenn die Erkrankung noch nicht zu weit fortgeschritten ist, bietet sich die Endoprothetik als eine Alternative an, von der die Patientinnen und Patienten deutlich mehr profitieren. Denn Bandscheibenprothesen ermöglichen weitgehend die ursprüngliche Beweglichkeit.

Für mich hat der Funktionserhalt
immer Priorität. Insbesondere die sehr bewegliche Halswirbelsäule ist gut zugänglich für eine solche Operation, die vergleichsweise unkompliziert und risikoarm ist. Während eine Versteifung eine unwiderrufliche Lösung ist, lassen Implantate alle Möglichkeiten offen. Welche Option die optimale ist, muss individuell zusammen mit der Patientin oder dem Patienten entschieden werden.

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Kurz und gut: die „Wiesbadener Hüfte“
im Interview mit: Prof. Dr. med. Karl Philipp Kutzner

Herr Prof. Kutzner, Hüftgelenksersatz betrifft keineswegs nur alte Menschen – jede sechste Hüftprothese hierzulande wird bei Menschen unter 60 Jahren implantiert. Gerade hier ist die Wahl der richtigen Endoprothese so wichtig – warum?
Weil wir vermuten müssen, dass auch die beste Endoprothese nicht ewig hält und daher bei jüngeren Menschen irgendwann noch ein Prothesenwechsel ansteht. Dafür sollte dann genügend gesundes Knochenmaterial zur Verfügung stehen. Deshalb haben wir in Wiesbaden vor bereits fünfzehn Jahren, zusammen mit einem Schweizer Unternehmen, eine spezielle Kurzschaftprothese entwickelt. Diese lässt sich aufgrund ihres kurzen und runden Designs maximal weichteilschonend einbringen. Mit dieser Kurzschaftprothese bleibt bei der Operation mehr Knochenmaterial erhalten, und durch eine natürlichere Krafteinleitung baut sich der umliegende Knochen auch über viele Jahre nicht ab. Allerdings ist eine etwas andere OP-Technik erforderlich, die nicht jeder beherrscht. Die Erfahrung der Operateurin oder des Operateurs spielt eine wichtige Rolle.

Mit der sogenannten „Wiesbadener Hüfte“ haben Sie bereits über ein Jahrzehnt Erfahrung. Wie sind die Ergebnisse?
Die Ergebnisse sind hervorragend, sodass wir an der privaten LILIUM Klinik bevorzugt Kurzschäfte einsetzen – auch bei älteren Patientinnen und Patienten. Die Komplikationsrate ist geringer als bei konventionellen Implantaten. Allerdings muss die Knochenqualität ausreichen, um die Prothese zementfrei einsetzen zu können. Im Zweifelsfall können wir aber noch während des Eingriffs auf eine Zementierung oder auch auf ein konventionelles Implantat ausweichen. Insgesamt bin ich überzeugt, dass sich die Vorteile der Kurzschäfte in den kommenden Jahren immer stärker herauskristallisieren werden.

Gibt es denn das richtige „Zeitfenster“ für ein neues Hüftgelenk, das heißt, plädieren Sie eher für einen frühestmöglichen Hüftgelenksersatz?
Das hängt in erster Linie vom Leidensdruck unserer Patientinnen und Patienten ab. Jeder hat sein eigenes „Tempo“ und individuelle Wünsche bezüglich seiner Aktivitäten. Wir möchten die Menschen hier so gut wie möglich beraten und mit ihnen individuell die Entscheidung treffen – dafür nehmen wir uns Zeit. Ich warne davor, präventiv zu operieren, aber man sollte auch nicht zu lange warten. Denn der Weg zurück ins aktive Leben wird dann doch sehr steinig.

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